Wieso du dich während der Trauer kognitiv beeinträchtigt fühlst und wie du damit umgehen kannst
Hattest du nach deinem Verlust schonmal das Gefühl, dass du dich nicht gut konzentrieren kannst, deine Gedanken überall sind nur nicht da, wo du sie brauchst oder dass du auf einmal ganz einfache Dinge vergisst? Mit diesen Problemen bist du nicht allein. Viele Trauernde haben die Erfahrung gemacht, dass sie temporär mit kognitiven Beeinträchtigungen zu tun haben, in Zeiten, in denen die Trauer sehr präsent ist. Viele beschreiben den Zustand mit einem Gefühl der gedämpften Aufmerksamkeit oder gar wie einen Gedankennebel. Daher wird dieser Zustand auch als Brainfog bezeichnet. In diesem Artikel erklären wir dir genauer, was es mit diesem Zustand auf sich hat und wie du damit umgehen kannst.
Was ist Brainfog?
Kennst du das? Du kannst dich kaum konzentrieren, vergisst häufiger Dinge als sonst, hast Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen, oder es fällt dir schwer, Entscheidungen zu treffen? Diese Art von kognitiver Beeinträchtigung wird als „Brainfog“ bezeichnet – ein Gefühl, als würde ein dichter Nebel deine Gedanken überdecken und es dir erschweren, klar zu denken.
Wie beeinflusst Trauer unser Gehirn?
Trauer ist eine komplexe Emotion, die tiefgreifende Auswirkungen auf Körper und Gehirn haben kann. Wenn du trauerst, beschäftigt sich dein Gehirn intensiv mit dem Verlust. Deine Gedanken kreisen oft um die verstorbene Person, deine Gefühle können besonders intensiv sein und du bist emotional sensibler als sonst.
Diese intensive Beschäftigung mit der Trauer kann so viel mentale Energie beanspruchen, dass für alltägliche kognitive Aufgaben weniger Kapazität bleibt. Das zeigt sich häufig in verminderter Konzentrationsfähigkeit und eingeschränkter Aufmerksamkeit. Viele Menschen berichten, dass ihre Gedanken häufig abschweifen und es ihnen schwerfällt, sich selbst einfache Dinge zu merken.
Wie lange hält Brainfog durch Trauer an?
Die Dauer von Brainfog ist sehr individuell. Viele Menschen erleben ihn besonders in der ersten, intensiven Trauerphase, aber er kann auch Jahre nach dem Verlust auftreten. Wie die Trauer selbst kann Brainfog in Wellen kommen und gehen. Die Symptome können Tage bis Wochen anhalten, dann wieder verschwinden und später erneut auftreten.
Welche konkreten Probleme können entstehen?
Brainfog äußert sich oft durch Schwierigkeiten beim Fokussieren auf Aufgaben und Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis. Viele Menschen beschreiben ein Gefühl von gedanklicher Leere. Dies kann zu verminderter Produktivität führen und die Motivation im Alltag stark einschränken. Besonders belastend ist dabei oft das Gefühl der Überforderung bei eigentlich gewohnten Tätigkeiten.
Wie kannst du mit Brainfog umgehen?
Der erste wichtige Schritt ist offene Kommunikation. Sprich mit anderen über deine Schwierigkeiten und lass dir bei konkreten Aufgaben helfen. Es kann sehr entlastend sein, deine Erfahrungen mit Menschen zu teilen, denen du vertraust.
Ein strukturiertes Vorgehen kann ebenfalls hilfreich sein. Versuche, wichtige Aufgaben zu priorisieren und große Aufgaben in kleinere, überschaubare Schritte zu unterteilen. Dies kann helfen, das Gefühl der Überforderung zu reduzieren.
Besonders wichtig ist ein bewusster Umgang mit deiner Trauer. Gib ihr den Raum, den sie braucht, und akzeptiere, dass sie Zeit und Energie kostet. Wenn du ein Bewusstsein für deine Trauerprozesse entwickelst, kannst du besser damit umgehen.
Selbstfürsorge spielt dabei eine zentrale Rolle. Nimm dir ausreichend Zeit für dich selbst und tue Dinge, die dir in deiner Trauer gut tun. Regelmäßige Pausen sind wichtiger denn je.
Lerne auch, deine Grenzen zu setzen. Es ist völlig in Ordnung, wenn du momentan weniger Aufgaben übernimmst als sonst. Das Setzen von Grenzen ist keine Schwäche, sondern zeigt, dass du verantwortungsvoll mit deiner aktuellen Situation umgehst.
Denk daran: Brainfog ist eine normale Reaktion auf Trauer. Es ist in Ordnung, wenn du vorübergehend nicht deine gewohnte Leistungsfähigkeit abrufen kannst. Gib dir die Zeit, die du brauchst, um mit deiner Trauer umzugehen. Die mentale Klarheit wird nach und nach zurückkehren.
Brainfog und Trauer sind belastend, können deinen Alltag einschränken und deine emotionale Ebene aus dem Gleichgewicht bringen. Doch vergiss nicht, Trauer ist wichtig und sollte den Raum bekommen, den sie benötigt. Nur wenn man Trauer zulässt, lernt man mit dieser umzugehen und sie in den Alltag zu integrieren.
Quellen:
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