Wann Trauer eine psychische Erkrankung ist
Trauer nach dem Tod einer nahestehenden Person geht häufig mit Symptomen einher, die auch typisch für Depressionen sind. Dazu gehören beispielsweise Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit, Schlafstörungen, ein verändertes Essverhalten oder vermehrtes Weinen. Auch wenn Trauer und Depressionen sich in der Symptomatik sehr ähnlich scheinen, sind Trauer und Depression NICHT dasselbe. Den Unterschied erklären wir dir hier.
Ist meine Trauer normal?
Nach dem Verlust eines geliebten Menschen musst du einen Weg finden, mit deiner Trauer umzugehen. Dabei ist es wichtig zu wissen: Trauer ist nicht nur in der ersten Zeit nach dem Verlust präsent, sondern begleitet uns ein Leben lang. Sie kommt und geht in Wellen, ist mal stärker und mal schwächer und kann sich über die Zeit verändern. Besonders in Phasen intensiver oder wiederkehrender Trauer fragst du dich vielleicht, ob deine Gefühle noch „normal“ sind oder ob sich bereits eine Depression entwickelt hat.
Was kennzeichnet Trauer und Depression?
Trauer
Trauer ist deine natürliche Reaktion auf einen Verlust, besonders wenn ein geliebter Mensch verstorben ist. Sie beschränkt sich nicht nur auf emotionale Reaktionen, sondern kann sich auch in körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zeigen.
Depression
Eine Depression hingegen braucht keinen konkreten Auslöser, kann sich aber ebenfalls sowohl körperlich als auch seelisch äußern. Es gibt verschiedene Arten von Depressionen, die sich in ihrer Ausprägung unterscheiden.
Wie erkenne ich den Unterschied?
Die Unterscheidung zwischen Trauer und Depression ist nicht immer eindeutig, da sich viele Symptome überschneiden. Dennoch gibt es einige Anhaltspunkte:
Zeitlicher Verlauf
- Trauer: Wechselt zwischen intensiven Phasen und Zeiten, in denen du deinen Alltag gut bewältigen kannst
- Depression: Bleibt meist längere Zeit intensiv bestehen und verbessert sich ohne professionelle Hilfe kaum
Umgang mit Gefühlen
- Trauer: Du suchst oft Trost bei Freunden und Familie, teilst deine Gefühle mit Vertrauenspersonen
- Depression: Du ziehst dich eher zurück, isolierst dich und behältst deine Gefühle für dich
Erinnerungen und Freude
- Trauer: Du kannst trotz des Schmerzes positive Erinnerungen bewahren und auch Momente der Freude erleben
- Depression: Es fällt dir schwer, Freude zu empfinden oder positive Erinnerungen nachzuempfinden
Kann aus Trauer eine Depression werden?
Ja, Trauer kann so intensiv und langanhaltend sein, dass sich daraus eine Depression entwickeln kann. Die Übergänge sind oft fließend und die Unterscheidung komplex. Es ist wichtig zu verstehen:
- Jede Trauer und jede Depression ist individuell
- Eine eindeutige Abgrenzung ist nicht immer möglich
- Die Hintergründe, Auslöser und Symptome müssen im Einzelfall betrachtet werden
Was bedeutet das für dich und deine Trauer?
Wichtige Erkenntnisse
- Trauer und Depression sind nicht dasselbe, auch wenn die Symptome sich ähneln können
- Die Grenzen sind fließend
- Aus Trauer kann sich eine Depression entwickeln, muss es aber nicht
Praktische Empfehlungen
- Sprich mit Menschen, denen du vertraust, wenn dir alles zu viel wird
- Suche dir Personen, bei denen du dich sicher fühlst
- Scheue dich nicht, mit deinem Arzt zu sprechen
- Nutze alle Anlaufstellen, die dir hilfreich erscheinen
Beruhigende Gewissheit
Es ist völlig normal, dass:
- deine Trauer in Wellen kommt
- sie manchmal länger anhält
- sie immer wieder zurückkehrt
Denk daran: Trauer ist ein Prozess, kein Zustand, der einfach vorübergeht. Du musst diesen Weg nicht alleine gehen – es gibt Menschen und Anlaufstellen, die dir zur Seite stehen.
Quellen:
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