Trauer verstehen: Definition und Psychologie
Wie würdest du Trauer beschreiben und wie fühlt sich deine Trauer an? In der Psychologie sprechen wir bei Trauer nach einem Todesfall von einer komplexen, individuellen und ganzheitlichen Reaktion auf den Verlust einer Bezugsperson. Das klingt kompliziert! Lass uns die Definition in ihre Einzelbestandteile aufteilen.
Individueller Trauerausdruck
Trauer ist so einzigartig wie jeder Mensch selbst. Sie kann sich auf völlig unterschiedliche Weise zeigen: Während du vielleicht in Tränen ausbrichst, reagiert ein anderer mit Wut. Während du das Bedürfnis hast, über deine Gefühle zu sprechen, verschließt sich ein anderer möglicherweise komplett und versucht, weiterzumachen als wäre nichts geschehen.
Diese unterschiedlichen Reaktionen können manchmal schwer nachvollziehbar sein. Doch gerade die Vielfältigkeit der Trauer erfordert von uns allen viel Verständnis. Denn eines ist wichtig zu wissen: In der Trauer gibt es kein „richtig“ oder „falsch“ – alles, was dir in deinem persönlichen Trauerprozess hilft und gut tut, ist erlaubt.
Ganzheitliche Trauer
Trauer beschränkt sich nicht auf einen einzelnen Bereich deines Erlebens – sie ist ganzheitlich. Das bedeutet, dass du sie auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig wahrnehmen kannst:
- In deinen Gedanken
- In deinem Verhalten
- In deinen Gefühlen
- In deinem Körper
Denk einmal zurück an eine Situation, in der du intensive Trauer erlebt hast. Vielleicht erinnerst du dich an bestimmte Gedanken, die dir durch den Kopf gingen? An körperliche Reaktionen? An überwältigende Gefühle?
Die Intensität, mit der du Trauer auf den verschiedenen Ebenen erlebst, kann sich im Laufe der Zeit verändern. Manchmal spürst du sie vielleicht besonders stark in deinen Gefühlen, zu anderen Zeiten äußert sie sich mehr in körperlichen Reaktionen oder in deinem Verhalten.
Komplexe Trauer
Die Vielschichtigkeit der Trauer zeigt sich in den unterschiedlichsten Reaktionen auf allen Ebenen:
Gefühlsebene
- Schockzustand
- Tiefe Angst
- Überwältigende Verzweiflung
- Intensive Wut
- Lähmende Einsamkeit
- Tiefe Traurigkeit
- Schmerzliche Sehnsucht
Gedankenebene
- Verleugnung des Verlustes
- Existenzielle Fragen nach dem „Wie weiter?“
- Intensives Grübeln
- Kreisende Gedanken
Verhaltensebene
- Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren
- Probleme bei alltäglichen Aufgaben
- Verstärktes Bedürfnis nach Ablenkung
- Rückzug von Aktivitäten
- Verändertes Schlafverhalten
Körperliche Ebene
- Erschöpfungszustände
- Beschleunigter Herzschlag
- Anhaltende Müdigkeit
- Häufige Kopfschmerzen
- Muskuläre Verspannungen
- Wiederkehrende Übelkeit
- Innere Unruhe
- Verstärktes Schwitzen
- Allgemeine Schwäche
Jede dieser Reaktionen ist eine normale Antwort auf einen abnormalen Zustand – den Verlust eines geliebten Menschen. Du kannst all diese Reaktionen bei dir beobachten, musst es aber nicht. Vielleicht erkennst du dich in einigen wieder, während andere dir fremd erscheinen. Auch das ist völlig in Ordnung und Teil deines individuellen Weges durch die Trauer.
Alles in allem
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass sich Trauer in deinen Gefühlen, deinen Gedanken, deinem Verhalten und deinem Körper auf viele verschiedene Arten zeigen kann. Nur weil du anders trauerst als andere Personen, heißt das überhaupt nicht, das du falsch trauerst oder deine Trauer nicht wichtig ist. Jeder Mensch trauert auf seine eigene Art und Weise und das ist okay.
Quellen
Gross, R. (2018). The psychology of grief. UK: Routledge. https://doi.org/10.4324/9781315110127
Lammer, K. (2014). Trauer verstehen (4. Aufl.). Springer Berlin Heidelberg.