„Wir können den Schmerz nicht nehmen, aber unterstützen“

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Viele Trauernde fühlen sich nach ihrem schweren Verlust alleingelassen. Dr. Nele Stadtbäumer (29) aus Köln hat deshalb die App „Grievy“ entwickelt

Text: Christina Wüseke

Nele Stadtbäumer hat ihre eigene Trauer für etwas Positives genutzt

Nele Stadtbäumer verlor ihren Vater von jetzt auf gleich. Der Anruf veränderte ihr Leben schlagartig. Sie war nicht nur mit allem Organisatorischen konfrontiert, sondern auch mit der Trauer – und fühlte sich in ihrem Schmerz alleingelassen. Fünf Jahre sind seit dem Tod ihres Vaters vergangen. Die promovierte Psychologin aus Köln hat aus ihrer Trauer und ihrem Verlust etwas Gutes geschaffen: eine App, die anderen Trauernden hilft. Wie die App funktioniert und was Nele an der Trauerkultur in Deutschland stört, das erzählt sie im Gespräch mit bella. ●

Wie kamen Sie auf die Idee, die App zu entwickeln?

In meiner Doktorarbeit ging es – vereinfacht gesagt – um digitale Gesundheitsanwendungen zur Steigerung der Lebensqualität. Mein Fokus lag damals auf Krebspatienten. Durch mein persönliches Erleben, weil mein Papa gestorben ist, wurde mir auf einmal klar, wie groß der Bedarf ist, wenn es ums Trauern geht. Meine Promotion hat aber nichts mit „Grievy“ zu tun, die App ist neben dem Schreiben meiner Doktorarbeit entstanden.

Haben Sie eine Trauergruppe besucht?

Nein. Als ich nach Trauergruppen suchte, musste ich feststellen, dass für junge Menschen kaum Angebote bestehen, die meisten Gruppen für verwitwete Menschen sind oder auch zu einem bestimmten Zeitpunkt starten und dann geschlossen werden, um eine Vertrauensatmosphäre sicherzustellen. Ich habe mich gefragt: Geht es nur mir so? Ist meine Trauer noch normal? Wie haben andere das bewältigt? Ich hätte mir Unterstützung gewünscht, ohne zeitliche und räumliche Abhängigkeit oder die Notwendigkeit, mit einer fremden Person über die Trauer zu sprechen. Durch den Austausch mit anderen habe ich schnell gemerkt, dass es nicht nur mir so geht, dass viele Trauernde vor ähnlichen Herausforderungen stehen – und auch, dass der Austausch mit anderen sehr wertvoll ist, weil er hilft, auf manche Fragen Antworten zu finden. Daraus ist „Grievy“ entstanden. Der Austausch mit anderen ist für mich auch nach wie vor wichtiger Teil meiner Trauerarbeit.

Sie haben zu dritt gegründet, richtig?

Genau. Ich habe mit Daniel, der sich um alles Technische kümmert, und Aenis, der die Zahlen und das Marketing im Blick hat, gegründet. Kennengelernt habe ich die beiden schon vor einigen Jahren, als ich während meiner Promotion auf der Suche nach Programmierern war. Inzwischen arbeiten

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