Die 5 Phasen der Trauer – Mythos oder Fakt?

Trauerphasen

Wenn du dich schon einmal mit den Trauerphasen beschäftigt hast, bist du bestimmt über das 5-Phasen-Modell von Elisabeth Kübler-Ross gestolpert. Das Modell besagt, dass Trauer fünf verschiedene Phasen durchläuft: Verweigerung, Wut, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Ursprünglich wurde das Modell für den Verlauf des Sterbens aufgestellt, aber angeblich sei es übertragbar auf den Verlauf der Trauer. Doch ist es das wirklich?

Das Problem mit den Phasen

Die Trauerphasen wurden in der Wissenschaft schon oft versucht nachzuweisen – doch ohne Erfolg. Sie konnten nicht bestätigt werden. Das Problem der Trauerphasen ist, dass sie aussagen, dass jeder Mensch in einem ähnlichen Muster trauert. Wie die aktuelle Forschung und Erkenntnisse aus der Psychologie jedoch zeigen, ist Trauer ein sehr individueller Prozess.

Das bedeutet, dass sich Trauer für jeden Menschen anders anfühlt und anders ausdrückt. Trauer zeigt sich in unterschiedlichen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen. Diese Individualität können derzeitige Phasenmodelle jedoch nicht abbilden. Es existiert kein Muster, welches zu jeder Trauer passt und Phasen der Trauer vorhersagen lässt.

Warum falsche Modelle gefährlich sind

Phasenmodelle wie das 5-Phasen-Modell können manchen Menschen Hoffnung spenden. Es kann die Trauer greifbarer machen, Ungewissheit nehmen und auch Ängste lindern. Doch ein Modell zu verbreiten, welches es in dieser Form nicht gibt, birgt auch einige Risiken. Wenn du dich mit deiner Trauer in dem Modell nicht wiederfindest, kann schnell der Eindruck entstehen, „falsch“ zu trauern.

Ebenso kann es Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht hervorrufen, wenn man nicht in die vorgegebenen Phasen der Trauer passt. Also keine Sorge, falls du dich bisher nicht in dem Modell wiedergefunden hast. Aber wie können wir Trauer denn dann greifbar machen und beschreiben?

Trauer definiert und erklärt

Anstatt von Phasenmodellen auszugehen, beschreiben Psychologen Trauer auf verschiedenen Ebenen. Welche das sind, erfährst du in diesem Artikel.

Quellen

Wittwer, H., Schäfer, D. & Frewer, A. (2020). Handbuch Sterben und Tod (2. Aufl.). Springer.

Corr, C. A. (2020). Elisabeth Kübler-Ross and the “five stages” model in a sampling of recent American textbooks. OMEGA-Journal of Death and Dying, 82, 294-322. https://doi.org/10.1177/0030222818809766.

Warum sich Trauer durch Alkohol verstärkt

Alkohol – das passiert in deinem Körper

Der Wunsch, den Kopf in der Trauer einfach einmal freizubekommen oder die Gefühle und Gedanken abzuschalten, führt manchmal zu (übermäßigem) Konsum von Alkohol. Denn Alkohol gibt uns kurzfristig positive Gefühle: Wir fühlen uns entspannt, weniger ängstlich und haben den Eindruck für einen Moment abschalten zu können.

So verbessert sich kurzfristig unsere Stimmungslage und es kann das Gefühl entstehen, dass wir uns von unserer Trauer distanzieren können. Das liegt daran, dass Alkohol in deine Gehirnchemie eingreift. Alkohol steuert die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe. Dabei verstärkt Alkohol die Ausschüttung von bremsenden Botenstoffen und verringert die Ausschüttung von erregenden Botenstoffen. Die Folge: Du fühlst dich kurzfristig entspannt und weniger ängstlich!

Klingt super? Es gibt aber einen Haken!

Rebound Effekt oder warum Trauer im Hangover besonders stark ist

Du hast eine Nacht mit etwas viel Alkohol hinter dir und deine Trauer fühlt sich heute doppelt so stark an? Du fühlst dich ängstlicher, bist nicht gut drauf und grübelst viel? Wenn dir das Szenario bekannt vorkommt, hast du den Rebound-Effekt von Alkohol erlebt.

Das Problem am Entspannungseffekt von Alkohol ist nämlich, dass es nur ein kurzfristiger Effekt ist. Langfristig kehrt sich der Effekt einfach um! Der sogenannte Rebound-Effekt von Alkohol beschreibt, dass im Anschluss an den Alkoholkonsum vermehrt Botenstoffe ausgeschüttet werden. Diese führen dazu, dass du 24 bis 48 Stunden nach dem Alkoholkonsum ängstlicher, depressiv verstimmter oder angespannter sein wirst und mehr grübelst.

Doch was macht es so schwer, Alkohol einfach ganz wegzulassen?

Langfristige Folgen

Das Problem an der Wirkung von Alkohol auf deinen Körper ist, dass sich dein Körper nur die unmittelbare, positive Wirkung merkt. Viele Trauernde verbinden mit Alkohol Entspannung und Sorgenfreiheit, obwohl Alkohol genau das Gegenteil bewirkt.

Regelmäßiger Konsum führt zu einem nachhaltigen Durcheinander in deiner Gehirnchemie. Dabei reicht schon eine geringe Menge wie ein- bis zweimal die Woche. Anstatt einen langfristigen Entspannungseffekt zu verspüren, reduziert sich die körpereigene Fähigkeit zur Entspannung. Daher möchten wir Dir gerne einige alternative Entspannungsstrategien vorstellen.

Abhilfe gegen den Rebound

Wenn du bemerkst, dass dein Alkoholkonsum in der Trauer angestiegen ist oder du das Gefühl hast, dass der Konsum eine bewährte Problemlösestrategie für dich ist, gibt es einiges, was du dagegen machen kannst. Es besteht kein Grund zur Panik. Folgende Strategien haben sich bei vielen Trauernden bereits bewährt:

  • Schärfe deine Selbstwahrnehmung und protokolliere deinen Konsum. Schreibe auf, in welchen Situationen du was und wie viel konsumiert hast. Überlege dann weiter, welches Bedürfnis in dieser Situation im Vordergrund stand und wie du es alternativ befriedigen kannst.
  • Werte dich nicht ab! Dir fehlt es zurzeit an hilfreichen Alternativen. Das Gute ist: Daran kann man arbeiten! grievy gibt dir in der gesamten App hilfreiche Ideen zu vielfältigen Umgangsstrategien für deine Trauer 💛.
  • Sprich mit einer Person deines Vertrauens darüber.
  • Suche dir bei Bedarf rechtzeitig professionelle Hilfe. Wir ermutigen dich, deine Bedenken oder Fragen mit deinem Arzt zu besprechen.

Du brauchst jetzt unmittelbar eine Strategie, um dich abzulenken oder etwas zu entspannen? Dann schau im „SOS Bereich“ unserer App vorbei! 💛

Quellen

Pitman, A., Stevenson, F., King, M. and Osborn, D. (2020). Self-Reported Patterns of Use of Alcohol and Drugs After Suicide Bereavement and Other Sudden Losses: A Mixed Methods Study of 1,854 Young Bereaved Adults in the UK. Frontiers in Psychology, 11, https://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.01024.

Knabbe, J., Protzmann, J., Schneider, N. and Cambridge, S. B. (2022). Single-dose ethanol intoxication causes acute and lasting neuronal changes in the brain. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 119, https://doi.org/10.1073/pnas.2122477119.

Gefühle ausschalten mit Alkohol, Drogen oder Medikamenten

Wunsch alles in mir abzuschalten

Ein Todesfall kann zu schweren emotionalen Krisensituationen führen. Oft weiß man nicht, wie man mit der Fülle an aufkommenden Gefühlen und Gedanken umgehen soll oder sieht sich nicht in der Lage dazu. Vielleicht wächst bei dir auch der Wunsch nach „einfach mal den Kopf freibekommen“ oder „die Gedanken und Gefühle mal abschalten“. Kommt dir das bekannt vor?

Eine einfache und schnelle Strategie ist dabei der Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten wie beispielsweise Schlafmedikamenten. Sie erlauben es uns, unsere Gefühlswelt und Gedankenwelt für einen Moment abzuschalten. Vielleicht fühlt es sich damit während des Konsums oder anschließend so an, als wäre dein Kopf endlich einmal wieder richtig frei und die Schwere, die auf dir lastet, ist für einen kurzen Moment leichter zu ertragen.

Doch sowohl der regelmäßige oder übermäßige Konsum von Alkohol und Drogen als auch die Einnahme starker Schlafmittel hat viele langfristige Effekte, die sich negativ auf dich auswirken können. Die kurzfristige Entlastung kann längerfristig zu einer noch viel stärkeren Belastung führen. Doch ein Schritt nach dem anderen. Warum fühlt sich der Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten so an, als würde er uns helfen?

Kurzfristige Entspannung

Alkohol, Drogen und Medikamente sorgen für eine kurzfristige Entlastung. In geringen Mengen haben sie eine entspannende, angstlösende und beruhigende Wirkung. So verbessert sich kurzfristig unsere Stimmungslage und es kann das Gefühl entstehen, dass wir uns von unserer Trauer distanzieren können. Das liegt daran, dass die Substanzen in deine Gehirnchemie eingreifen und bestimmte Botenstoffe ausgeschüttet werden. Alkohol verstärkt beispielsweise die Ausschüttung von bremsenden Botenstoffen und verringert die Ausschüttung von erregenden Botenstoffen. Die Folge: Du fühlst dich kurzfristig entspannt und weniger ängstlich!

Doch genau in dieser kurzfristigen Entlastung besteht ein großes Risiko: Vermehrter Konsum scheint uns im ersten Moment unseren Weg durch die Trauer zu erleichtern. Manchmal ist dieser Weg auch nicht neu und Konsum war auch schon vor einem erlebten Todesfall eine Strategie, um in schwierigen Situationen Stress „abzubauen“ und „einfach mal den Kopf freizubekommen“. Doch je häufiger wir diese Strategie wählen, desto eher werden andere gesunde Strategien zum Umgang mit unserer Trauer in den Hintergrund rücken. So kann es passieren, dass wir immer schneller den Konsum wählen, um eine Entlastung zu erfahren.

grievy möchte dich an dieser Stelle für den Konsum von Medikamenten, Alkohol oder Drogen sensibilisieren und dich ermutigen, deine Bedenken oder Fragen mit deinem Arzt zu besprechen. Darüber hinaus rät grievy von Alkoholkonsum in großen Mengen, der Einnahme starker Schlafmittel oder gar dem Konsum von Drogen dringend ab! Warum?

Langfristige Risiken

Vermehrter oder erhöhter Konsum hat langfristige negative Folgen und Risiken, die die Trauer verstärken können. Dazu gehören Folgende:

  • Der Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten kann zum emotionalen Ausschalten führen. Dadurch werden die Trauerverarbeitung und ein gesunder Umgang mit der Trauer verhindert oder erschwert. Das Erlernen neuer Strategien für einen Umgang mit der Trauer und der emotionalen Belastung wird blockiert.
  • Falls bereits in der Vergangenheit eine Abhängigkeit oder eine Neigung zu Konsum bestand, können Personen durch trauerbezogenen Konsum rückfällig werden.
  • Auch bei Personen ohne Abhängigkeit in der Vergangenheit kann eine Suchterkrankung entstehen.

Unterstützung, wenn dein Konsum in der Trauer angestiegen ist

Wenn du bemerkst, dass dein Konsum in der Trauer angestiegen ist oder du das Gefühl hast, dass der Konsum eine bewährte Problemlösestrategie für dich ist, gibt es einiges, was du dagegen machen kannst. Es besteht kein Grund zur Panik. Folgende Strategien haben sich bei vielen Trauernden bereits bewährt:

  • Schärfe deine Selbstwahrnehmung und protokolliere deinen Konsum. Schreibe auf, in welchen Situationen du was und wie viel konsumiert hast. Überlege dann weiter, welches Bedürfnis in dieser Situation im Vordergrund stand und wie du es alternativ befriedigen kannst.
  • Werte dich nicht ab! Dir fehlt es zurzeit an hilfreichen Alternativen. Das Gute ist: Daran kann man arbeiten! grievy gibt dir in der gesamten App hilfreiche Ideen zu vielfältigen Umgangsstrategien für deine Trauer 💛.
  • Sprich mit einer Person deines Vertrauens darüber.
  • Suche dir bei Bedarf rechtzeitig professionelle Hilfe. Wir ermutigen dich, deine Bedenken oder Fragen mit deinem Arzt zu besprechen.

Du brauchst jetzt unmittelbar eine Strategie, um dich abzulenken oder etwas zu entspannen? Dann schau im „SOS Bereich“ unserer App vorbei! 💛

Quellen

Pitman, A., Stevenson, F., King, M. and Osborn, D. (2020). Self-Reported Patterns of Use of Alcohol and Drugs After Suicide Bereavement and Other Sudden Losses: A Mixed Methods Study of 1,854 Young Bereaved Adults in the UK. Frontiers in Psychology, 11, https://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.01024.

Knabbe, J., Protzmann, J., Schneider, N. and Cambridge, S. B. (2022). Single-dose ethanol intoxication causes acute and lasting neuronal changes in the brain. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 119, https://doi.org/10.1073/pnas.2122477119.

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